Raumszenario und Lichtwirkung. Die Fensterentwürfe von Gottfried Böhm[1]
Die Publikationsbreite zu Gottfried Böhms architektonischen Werk ist immens. So wurden seine Leistungen im Kontext innovativer Architekturschöpfungen vielerorts gewürdigt und seine Bauprojekte mehrfach unter verschiedenen Aspekt diskutiert. Dass sich Gottfried Böhm auch mit dem Genre der Glasmalerei auseinandergesetzt hat, ist bisher kaum bekannt. Daher freue ich mich, dass nun seine ausgeführten Fensterentwürfe als Teil der von ihm gestalteten Raumszenarien im Fokus stehen.
Dominikus Böhm (1880-1955), der Vater des Protagonisten dieser Veranstaltungsreihe, war einer der wegweisendsten Architekten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er hat seinen Sohn Gottfried frühzeitig sowohl an der Entwicklung von Bauplanungen teilhaben lassen wie auch bei seinen Fensterentwürfen hinzugezogen.[2] Bereits als 11-jähriger haben sie gemeinsam für St. Engelbert in Köln-Riehl ein Rundfenster in abstrakt-geometrischem Duktus entworfen. Als Ende der 1930er Jahre zivile Bauaufgaben zurückgingen, verdiente sich Gottfried Böhm seinen Unterhalt mit Entwürfen für Kirchenfenster.[3] Das Allgemeine Lexikon der Bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts bezeichnete ihn 1953 daher unter anderem als „deutschen Bildhauer und Entwurfszeichner für Glasmalerei“.[4] Mit zunehmendem Renommee als Architekt geriet dieser Aspekt jedoch in Vergessenheit. So gibt der mehrspaltige Artikel des Allgemeinen Künstlerlexikons aus dem Jahre 1996 diesbezüglich nur noch den knappen Verweis „als Glasmaler Autodidakt“[5]. Gottfried Böhm hat mir bei unserem Gespräch vor wenigen Monaten gesagt, dass er sich nicht nur als Architekt versteht, sondern auch als bildender Künstler.[6] Schließlich studierte er neben Architektur zugleich Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Josef Henselmann (1898–1987).
Die Kölner Kapelle „Madonna in den Trümmern“ machte 1947, unmittelbar nach Beendigung seines Studiums der Architektur an der Technischen Universität München, den Auftakt für 68 weitere Kirchenbauten vor allem im Einzugsgebiet des Erzbistums Köln; aber auch in Holland, Brasilien und Taiwan. Seit dem Umzug seiner Familie von Offenbach am Main, wo Gottfried Böhm am 23. Januar 1920 als jüngstes von drei Kindern geboren wurde, ist er der Stadt Köln seit nunmehr 94 Jahren privat wie beruflich verbunden geblieben.
Sein genreüberschreitender Weitblick, den er bereits durch seine Eltern erfuhr (und auf seine Söhne übertrug), ist sicherlich ein wesentlicher Grund seines Erfolges als Architekt. Neben zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen und Ehrentiteln wurde Gottfried Böhm 1986 als erster deutscher Architekt mit dem weltweit renommierten Pritzker-Preis durch die Hyatt Foundation in Chicago, der auch als „Nobel-Preis“ für Architekten bezeichnet wird, geehrt.[7] Beim Erhalt sagte er, dass für den Menschen ein Gebäude Raum und Rahmen seiner Würde ist. Sein Äußeres solle seinen Inhalt und seine Funktion reflektieren, womit Gottfried Böhm das Diktum seines Vaters auf seine eigenen Ansprüche übertrug. Die Heilig Kreuz-Kirche in Dülmen ist ein Zeugnis dessen.
Sie wurde von Dominikus Böhm als Gemeindekirche, Grab- und Wallfahrtskirche für die 1824 in Dülmen verstorbene Mystikerin Anna Katharina Emmerick (1774-1824) nach dem Prinzip einer Basilika geplant und ist der letzte errichtete Sakralbau in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg. Dieser, von Johannes van Acken (1879-1937) postulierte „christozentrische“ Bau, wurde im Krieg stark zerstört. Sein Wiederaufbau fand wie so häufig in jenen Jahren unter reger Beteiligung der Gemeinde bis 1953 statt. Da die Konstitutionen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) eine Modifikation des Innenraumes forderten, erfolgte zwischen 1971 und 1975 eine bautechnische Sanierung, die sich jedoch als schwierig, um nicht zu sagen als unbefriedigend, erwies, da sie stark in das ursprüngliche Raumkonzept eingriff. Nach erneuter Renovierung und sorgsamer Umgestaltung in den Jahren 2004 und 2005 hat die Gemeinde den vom Architekten intendierten schlichten Kirchenraum mit Berücksichtigung moderner liturgischer Anforderungen erhalten. Die Lichtführung zum mehr als zwei Meter erhobenen Chor mit monumentalem Lichtraum dahinter erfolgt über 14 Stufen, gleichsam der 14 Kreuzwegstationen.
Der einzige Schmuck war zunächst das bauzeitlich eingesetzte große Radfenster mit Basalteinfassung und ornamentaler Gestaltung in der Westfassade nach Vorbild gotischer Rosettenfenster. Es hat den Krieg unbeschadet überstanden und besteht mit einem Durchmesser von 7 ½m aus fast 12.000 Einzelscheiben.[8]
In die bis 1945 mit klarem Ornamentglas versehene Wand rechts des Altars wurde nach Absprache mit seinem Vater eine dreiteilige Komposition von Gottfried Böhm eingefügt. Mit der Darstellung drei musizierender Engel erhielt der Chorraum einen ikonographisch aufgeladenen Farbakzent mit langer Tradition. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts stehen Posaune bzw. Tuba blasende Boten Gottes im Zusammenhang mit dem himmlischen Lobgesang und verweisen zugleich auf die Auferstehung. Sie sind zwischen den schlanken, tiefen Betonpfeilern figürlich ablesbar mit steil nach oben gerichteten, hellen Flügeln in die ornamentale Buntglasgestaltung mittig eingestellt. Gottfried Böhm ließ von der Glasmalerei-Werkstatt sorgfältig zugeschnittene Antikglasscheiben mittels Bleiruten mosaikartig aneinanderfügen. Diese Metallprofile mit einem Querschnitt in Form des großen Buchstaben „H“ bilden nicht nur das statische, sondern auch das grafische Gerüst eines Glasbildes. Lediglich angedeutete Physiognomien wurden mit der Malfarbe Schwarzlot aufgetragen. Dieser Gestaltungsmodus verdeutlich, dass hinsichtlich glaskünstlerischer Ausdrucksformen allgemein in Deutschland nach 1945 zunächst ein Rekurs auf Gestaltungsweisen der Vorkriegsjahre stattfand. So sind auch hier der flächige Aufbau von figürlicher Darstellung und Bildgrund mit reduzierter Farbgebung den Entwürfen Johan Thorn Prikkers (1868-1932) entlehnt, mit dem Vater und Sohn Böhm persönlich bekannt waren.[9] Der gebürtige Holländer war maßgeblich an der Neubelebung der Glasmalerei zu Beginn des 20. Jahrhunderts beteiligt. Er besann sich auf die Technik dieses Genre während ihrer Blütezeit im Mittelalter, indem er farbige Antikglasscheiben[10] nach seinen Entwürfen von einem Glasmaler in der Glasmalerei-Werkstatt zuschneiden, zu monumentalen Glasgemälden zusammenfügen und mit nur wenig Farbauftrag bemalen ließ.[11]
In der Nachkriegszeit war Beton das favourisierte Baumaterial. Neben begrenzten Ressourcen von Baustoffen wie Holz oder Stein war dieser Werkstoff auch in Hinblick auf seine kostengünstige Herstellbarkeit und dem Vorzug seiner Brandstabilität ideal. Aber vor allem ermöglichte es bis dato ungewöhnliche Bauformen, wodurch ein Bruch mit der traditionellen Bauweise, ihren Formen und den damit verbundenen Konnotationen zum „Dritten Reich“ eintrat. Es entstanden Sakralbauten mit variantenreichen Aufrissen, die den liturgischen Bewegungen und zeitgemäßen Postulaten gerecht wurden, sowohl als plastisch-dynamische Bauformen als auch mit konstruktivistisch betontem Tragwerk in nüchternem, unverputzt rauem Sichtbeton[12].
Bereits Dominikus Böhm experimentierte in den 1920er Jahren mit neuen Raumkonzepten für einen liturgischen Einheitsraum. Daran orientierte sich zunächst sein Sohn und fügte Motive von Zylindern, Kegeln sowie Kuben additiv zusammen. Dieses Architekturrepertoire entwickelte er zu freien Raumkonstellationen mit zunehmend schlichtem Charakter bis hin zu einer brutalistischen Formensprache in Sichtbetonoptik. Auch die von Gottfried Böhm patentierten, so genannten „Gewebedecken“ als hängende Membrane aus Beton mit jedoch textiler Wirkung, sind eine Weiterentwicklung der von Dominikus Böhm generierten selbsttragenden Betongewölbe.[13] Gemein ist beiden Architekten die Entwicklung prismatisch gestaffelter Räume mit besonderem Fluidum, wie die Mitte der 1950er Jahre in Velbert errichtete Pauluskirche. (ABB. 1)
Die ungewöhnliche Architektur mit dem vom 13m hohen Portal zum Altarbereich schwungvoll abfallenden Dach gab dieser Kirche die mit einem Augenzwinkern zu verstehenden Bezeichnungen „Sprungschanze Gottes“ oder „Seelengarage“. Der kastenförmige Baukörper des Zentralraumes umschließt mit großen Glasflächen das halbrunde Portal der Eingangsfront. Der Chorraum wird ebenfalls durch ein halbkreisförmiges Bauelement bestimmt und von großflächigen Verglasungen beleuchtet. Die versus populum orientierte Altarinsel befindet sich auf einer Ebene mit der Gemeinde, wodurch dieser Bau die Verlautbarungen des Zweiten Vatikanum richtungsweisend um zehn Jahre vorweg nahm.
Ausgeführt wurde der Bauentwurf des Architekturbüros nach mehrfacher Überarbeitung von Gottfried Böhm, der nach dem Tod seines Vaters am 6. August 1955 die Federführung übernahm. Er zeichnet sich auch als Künstler der Glasmalerei aus, die den schlichten Kirchenraum in ein Farbenmeer aus Grün, Weiß, Rot und Blau taucht.[14]
Als Ausdruck der Macht des Wortes wurde auf die Scheiben des Eingangsportals der Text aus dem 1. Paulusbrief an die Korinther in gut sichtbaren Majuskeln aufgetragen. Er beinhaltet das bis heute aktuelle Thema der im Glauben begründeten Einheit in Zeiten der Zerrissenheit. Zwei große flammende Schwerter als Symbole für den Kirchenpatron und als Zeichen für den Geist Gottes sind inskribiert.
Die ornamentalen Chorfenster symbolisieren in den überwiegenden Farben Grau, Grün und Blau das Weltall mit seiner geheimnisvollen Weite, der lebensnotwendigen Luft und dem Leben spendenden Wasser. Ein helles Areal deutet auf die Sonne, und Gestirne formieren sich in gelben sowie in roten Kreisen. Auch die weiteren Fenster haben mit Darstellungen von Blumen, Käfern, Vögeln und Fischen die Schöpfung zum Thema. Etwa 70 Illustrationen sowohl mit biblischen Bezügen als auch aus der Alltagswelt sind medaillonförmig eingefügt. So sind unter anderem ein Auto, spielende Kinder, ein Rosenkranz aber auch eine Gießkanne in leuchtenden Farben vor schwarzem Hintergrund zu erkennen. Bereits von dem Vater des Künstlers ist bekannt, dass er kleine, aus dem Schwarzlot herausgekratzte symbolträchtige Insignien in seine Glasgemälde integrierte.
Die an Seilen aufgehängte Decke imaginiert eine Zeltplane als Verweis auf die Durchreise der Menschheit vom Diesseits in das Reich Gottes. Aussparungen in dem Plafond geben den Blick auf die Glasmalerei oberhalb des Altars frei. Auch hier beherrschen Formationen aus dreieckigen Scheiben als Sinnbild der Trinität die Fläche. Dieses war in den 1950er und 60er Jahren ein beliebtes Motiv zur ornamentalen Gestaltung monumentaler Wandausschnitte. Unter anderem verstand es der rheinländische Glaskünstler Anton Wendling (1891-1965), mittels Bleiruten deutlich umrissene Antikgläser zu kaleidoskopartigen Abbreviaturen mit impulsiver Farbdynamik zusammenzufügen, wie zum Beispiel in der Chorhalle des Aachener Domes aus den Jahren 1949-51.
Die zwischen 1953 und 1956 geplante ehemalige Pfarrkirche St. Ursula in Hürth-Kalscheuren bei Köln wurde aufgrund ihrer architekturgeschichtlichen Bedeutung bereits 1993 als schützenswert erachtet und unter Denkmalschutz gestellt. Da die Kirchengemeinde die zum Jahrtausendwechsel angefallenen hohen Sanierungskosten jedoch nicht aufbringen konnte, fiel die Entscheidung zur Profanierung.[15] Trotz Umnutzung als Galerie für zeitgenössische Kunst ist der ursprünglich vorgesehene Raumcharakter erhalten geblieben und seit 2006 wird dieses Gebäude als Hommage an seinen Architekten „Böhm-Chapel“ genannt.
An den runden Zentralbau schließen sechs Konchen als christliche Symbole für die Sakramente an. Dazwischen sind bodentiefe Fenster geschaltet, die den Raum im Verlauf des Tages mit diffusem Licht versorgen. Das zwischen weißem Industrieglas gesetzte netzförmige Gerüst der dunklen Gusseisenprofile verbindet sie formal miteinander.[16] Diese Gestalt kann als Hinweis auf das Fischernetz des Apostels Petrus, der nach theologischem Verständnis für das Himmelreich menschliche Seelen fängt, gedeutet werden. Als einziger Farbmoment verleihen die in die Schnittstellen der Eisenverstrebungen sorgfältig integrierten, different behauenen Glasbrocken der Fensterfolge einen besonderen handwerklich-künstlerischen Akzent.[17] Diese Ausführung kann als prägendes Konzept für das folgende Fensterensemble betrachtet werden.
Im Kölner Vorort Lindenthal befindet sich die zwischen 1958 und 65 von Gottfried Böhm entworfene und 2001 unter Denkmalschutz gestellte Kirche der Universitätsklinik mit angeschlossenem Klausurgebäude. Sie ist Johanes dem Täufer geweiht. Von außen erscheint die Fenstergestaltung unscheinbar und farblos in die graue Fassade integriert. Im Innern erlebt der Besucher aufgrund der ungewöhnlichen Fenstergestaltung einen Harmoniekontrast von grauen, geometrisierten Betonflächen und filigraner Formenvielfalt in reichem Kolorit.[18] Hier wird deutlich, dass Glasmalerei eine Raumkunst ist, die durch das genuine Medium Licht mit seinen meteorologischen Veränderungen eine immense Wandlungsfähigkeit erfährt. (ABB. 2)
Über dem stützenlosen Kubus des Kirchenschiffes spannt sich eine helle Faltdecke. An der Längsseite befinden sich zwei zylindrische Beichtstühle nach dem Vorbild mittelalterlicher „Schuldtürme“. Sie stehen ebenso frei im Raum wie der Quader auf der gegenüber liegenden Seite, der die Sakristei, die Marienkapelle mit Pietà sowie die Orgel beherbergt. Der Chorraum wird von dem umschreitbaren Altar mit mächtigem, kastenartigem Baldachin dominiert.
Die Steigerung der Raumstimmung gelingt mittels bewusster Dramatisierung des Lichtes, das im Verlauf des Tages von jeder Seite durch die Fenster dringt und den Raum mit heiterer Farbigkeit belebt. In Augenhöhe des Betrachters trennt ein umlaufendes Fensterband mit komplexem ikonographischem Programm aus Zeichen, Schriftformen, Abstraktionen, Glas und Metall den Sockel aus Waschbeton vom Oberbau aus hellem Putz. Antik- und Strukturgläser in vielerlei Gestalt und Scheiben aus vertikal gerippten Industrieglas verbinden Elemente der informellen Kunst mit denen des Konstruktivismus. Ein Porträt von Gottfried Böhms Mutter Maria (1889-1965), die im Jahr der Fertigstellung dieser Kirche verstarb, ist integriert und erhält so ein würdiges Memorandum.
Eine Besonderheit im Genre der Glasmalerei ist das vor die flachen Glasflächen gesetzte, haptisch greifbare Objekte sowie tiefe Raumkörper bildende, schmiedeeiserne Relief als Verweis auf die duale Ausbildung von Gottfried Böhm. Rektangulär-massive Elemente wiederholen sich ebenso wie organisch-filigrane. Sieben kleine, in das Metall intarsierte Holzkreuze sowie sieben aus der Fläche hervortretende, überdimensionale Dornenkronen aus Metall und Schriftfolgen aus Glas machen die Kreuzwegstationen differenziert kenntlich.
So erscheint unter anderem im zweiten Fensterfeld der abstrahierte Christus, begleitet von dem angedeuteten Satz „ER NIMMT DAS KREUZ“. Gespreizte, nach Hilfe ringende Hände visualisieren in weiteren Abschnitten die Zusammenbrüche Christi unter dem Kreuz. Das schmiedeeiserne Gesicht in der Mitte der sechsten Komposition deutet das Schweißtuch der Veronika an. Der Tod Jesu erhält durch ein zerrissenes, schmiedeeisernes Kreuz und zwei grüne Gabelkreuze aus Antikglas eine besondere Markanz.
Die Kreuzabnahme wird durch eine Pietà in Grün mit zwei klammernden Händen und einem weit aufgerissenen Augenpaar dargestellt. Oben links erscheinen die Worte in Blei gefasst „MARIA HILF ERTRAGEN LEID WIE FREUD“. Der Kreuzweg mündet als 15. Station in der Eingangstür mit einem gewaltigen Osterfeuer als Zeichen der Auferstehung, dessen Rot wie ein umlaufender Streifen den Fensterzyklus am oberen Rand umschließt.
Die Konradkirche im Neusser Stadtteil Gnadental wurde noch während der Bauphasen der drei zuvor vorgestellten Kirchen geplant.[19] Auch sie dokumentiert den geistigen Neufanfang durch Beton und Glas nach dem Horror des Zweiten Weltkrieges.
An die quadratische Saalkirche aus Stahlbetonrahmen ist die aus Sichtbeton gegossene Chorapsis baldachinartig eingefügt. Die mit Ziegelsteinen geschlossenen Längsseiten des Hauptschiffes führen den Besucher auf den bunt erhellten Altarraum mit ungewöhnlicher Konchenlösung. Dessen bis über die beiden Wandkanten hinaus vollständige, dynamisch-belebte Verglasung bildet den Höhepunkt dieser Kirchenausstattung. Der große vorgesetzte Wandschirm in Form einer Betonskulptur betont auch hier den Ort der Eucharistiefeier und demonstriert einmal mehr Gottfried Böhms Gespür für eine stimmige Korrespondenz von Architektur, Bildhauerei und Glasmalerei.[20]
Florale Ornamente aus rotem, blauem, gelbem und weißem Antikglas werden zu einem Loblied auf die Schöpfung miteinander verbunden. Von dem geometrisierten Fond setzen sich zahlreiche, auf den Hortus conclusus verweisende, kleine weiße und große rote Blüten ab. In der christlichen Farbsymbolik gilt Weiß als Zusammenschluss aller Farben zum göttlichen Licht und ist als Hinweis auf die Unschuld bzw. Reinheit der Gottesmutter und der Engel zu lesen.[21] Rot ist sowohl ein Emblem für Marias Hingebung als auch für Gottes grenzenlose Macht und Liebe.[22]
Bei genauer Betrachtung sind aus dem Schwarzlot herausgekratzte musizierende Engel, Menschen in verschiedenen Lebensaltern und Tiere erkennbar. Einen persönlichen Akzent erhält die Gestaltung durch die Abbildung der Familie Böhm. Sie winkt dem weggehenden Dominikus nach, der während der Bauphase verstarb.
Bereits 1951 entwarf er in Brühl einen Gebäudekomplex mit Pfarr- und Gemeindehaus, Jugendheim und Kindergarten um einen offenen Hof gruppiert. Erst zwölf Jahre später entstanden der freistehende Campanile und die Kirche aus Waschbeton nach Plänen seines Sohnes.[23] Sie ist dem Heiligen Stephanus dediziert, dem ersten Märtyrer des Christentums.
Die mit 21 x 20m nahezu quadratische Kirche und einer Raumhöhe von bis zu 15m kommt ohne tragende Stützen aus und erlaubt so, von jedem Platz eine unverstellte Sicht auf den Altar. Dieses wird erst durch die Deckenkonstruktion mit einem regelmäßigen Faltwerksystem aus Beton möglich. (ABB. 3)
Die betonte Schlichtheit des Innenraumes richtet den Fokus des Betrachters auf die künstlerisch gestalteten, die Raumpräsenz mitbestimmenden Wandausschnitte. Vier hochliegende, über Eck gestellte Fenster sowie ein über die gesamte Breite der Sakristei verlaufendes Fensterband werfen irisierende Lichtreflexe auf die unverputzten grauen Betonwände sowie auf den Fußboden aus hellem Granit. Der einheitliche Bildaufbau zeigt einen horizontalen Streifen aus weißen und grauen Antik- und Opalglasscheiben in heterogener Struktur als Sinnbild göttlicher Schöpfung. In Anlehnung an die in der Apostelgeschichte beschriebene Steinigung des Patrons dieser Kirche erinnern sie an die Beschaffenheit von Steinen. Nach oben und unten begrenzen vertikal ausgerichtete und parallel gesetzte Scheiben in changierenden, die Liebe und die Leidenschaft konnotierenden Rottönen die Komposition. Eingeschobene grüne Areale als christlicher Verweis auf die hoffnungsvolle Erwartung treten aus dem Arrangement hervor.[24]
Dieser Zyklus kann neben der Visualisierung mineralischer Elemente auch als ein kontinuierlicher Strang von abstrahierten Blumen gelesen werden, der Assoziationen zum Rosenkranz nahelegt. Die Synthese von kleinteiligen, parallel angeordneten Glasfeldern in reicher Farbigkeit und großen, monochromen Flächen in heteromorphen Formen zu geschlossenen Bildflächen entspricht ebenfalls dem Kompositionsprinzip, welches Georg Meistermanns (1911-1990) Individualstil seit Ende der 1950er Jahre prägte.[25] Dieser Künstler war mit mehr als 1.000 Fensterentwürfen einer der profiliertesten und wegweisendsten Glaskünstler Deutschlands nach 1945.
Gottfried Böhm experimentierte mit geologischen Formen, die er von der Decken- und Wandformation auf Fensterentwürfe übertrug, wie St. Stephan in Brühl sichtbar macht. Der Zyklus von St. Ignatius im Frankfurter Westend, der zum selben Zeitpunkt entstand, zeigt Analogien. (ABB. 4)
In dieser Jesuitenkirche gelangt der Besucher über eine großzügige Freitreppe von der Taufkapelle im Untergeschoss in den darüber situierten Gemeinderaum gleichsam einem Aufstieg von der Taufe zum Ort der Abendmahlfeier. Hier dominiert das in die Altarwand eingelassene fünfeckige Fenster mit der Darstellung des Brennenden Dornenbusches, gebildet aus eng aneinander liegenden Rosenblüten mit roséfarbenen Rändern und blauen Kelchen auf hellem Grund. Diese Komposition wird von einem umlaufenden Fensterband mit blumenförmigen Elementen begleitet, deren Farbkanon neben den Primärfarben auf dem Kolorit des Spirituellen beruht. Im Zentrum stehen, von sattem Grün begleitet, einzelne dunkelrote Rosen in variierenden Größen, die durch markante Bleiprofile zu einem kontinuierlichen Strang zusammengefügt sind. Tiefenräumlichkeit erhält die Bildgestaltung durch die Rahmung aus parallel gestaffelten Scheiben in der Farbe des Himmels und des Meeres als christlicher Verweis auf die Unendlichkeit. Abstrahierte Rosenformationen auf weißem Grund schließen die Komposition nach oben und unten ab.
In der Literatur wird das architektonische Werk von Gottfried Böhm zumeist in drei bzw. vier Werkphasen differenziert. Nach dem Frühwerk trat um 1960 eine plastisch-körperhafte Phase mit unregelmäßig gefalteten Raumschalen aus Sichtbeton in sein Œuvre. Die prismatisch gebrochenen Wandflächen gehen nun in Faltdächer über und bilden eine Einheit. Es entstanden somit keine großen Sakralhallen mehr, sondern Architekturskulpturen aus Raumgefügen, die von außen betrachtet Zelte oder Kristalle assoziieren und von innen wie bergende Höhlen wirken.
Diese häufig als „neoexpressionistisch“ bezeichneten Gestaltformen wurden stilbildend in seinem architektonischen Schaffen.[26] Gottfried Böhm, der aus Sorge die großen Fußstapfen seines Vaters nicht ausfüllen zu können, ursprünglich ausschließlich Bildhauerei studieren wollte, setzte damit einen Akzent gegen die Uniformität zeitgenössischer deutscher Nachkriegsarchitektur. Während die kristallinen, utopisch-idealistischen Gebäudezeichnungen aus den 1920er Jahren des Architekten und Stadtplaners Bruno Taut[27] und seinem Kreis um die Künstlergemeinschaft Gläserne Kette[28] nicht realisiert wurden, kamen die nonkonformistischen Architekturen Gottfried Böhms inmitten der vom Zweckrationalismus geprägten Städtebilder dank innovativer Kirchengemeinden zur Ausführung.
Gottfried Böhms skulpturale Behandlung von Beton äußert sich in zentralisierenden Kirchenräumen mit polygonal gebrochenen Anräumen als individuelle Monumentalskulpturen, die nur durch die Verwendung von Beton realisierbar waren, wie die Wallfahrtskirche „Maria, Königin des Friedens“ in Velbert-Neviges demonstriert. Als Architekt hat er in weiten Teilen der Welt seine Spuren hinterlassen. Seinen internationalen Durchbruch erzielte Gottfried Böhm mit diesem Gesamtkunstwerk aus Beton und Glas. Hier konzipierte er auf Betreiben des Erzbischofs Josef Kardinal Frings (1887–1978) die mit 6.000 Plätzen zweitgrößte Kirche des Erzbistums Köln inmitten einer evangelischen Diaspora. Wie bei St. Stephan in Brühl, St. Konrad in Neuss und zahlreichen weiteren Kirchenbauten seiner Diözese zeichnete sich dieser Geistliche sowohl als verständiger Vermittler zwischen moderner Kunst und Kirche aus, wie auch als durchsetzungsfähiger Bauherr.
Zwischen 1963 und 1968 entstand der Mariendom, der sich auf einem unregelmäßigen Grundriss als Monumentalplastik dem geologischen Gelände des Bergischen Landes anpasst. Das freitragende Betonfaltwerk in einer bis dahin unausgeführten Spannweite und einer Höhe von 34m reminisziert drei ineinander verschobene Zelte als Sinnbilder der „ecclesia peregrinans“ bzw. der Christen auf Wanderschaft. Konnotationen zu ebenmäßigen Bergspitzen oder Wohnhausdächern der unmittelbar angrenzenden Bebauung sind ebenfalls gegeben.
Entsprechend seiner prägnanten äußeren Kontur entwickelt der Innenraum eine besondere Dynamik. Hier übernehmen die Bauformen die Lichtregie durch direkte und indirekte Beleuchtung. Polygonale vor- und zurückspringende Bauelemente, flächige Betonmassen und die dreigeschossige unregelmäßige Empore evozieren Licht- und Schattenbildungen, die die Monotonie des Baumaterials zugunsten differenzierter Lichtspiele aufheben. Farbfenster verschiedener Formgebungen sowie kleinformatige, monochrome Fensterbilder treten als formaler wie auch als farblicher Kontrast aus den grauen Sichtbetonwänden hervor und sind ein wesentlicher Bedeutungsträger dieses Raumgefüges. (Abb. 5)
Insbesondere das marianische Symbol der Rose wird hier gemäß dem Patrozinium mehrfach in Szene gesetzt. Es hat seit der Antike eine vielschichtige Bedeutung als Emblem der Jungfräulichkeit und der aufopfernden Liebe Marias zu ihrem Sohn sowie als Bild des Geheimnisvollen und des Paradieses. Die überdimensionale Rose erscheint im „Erlösungsfenster“ des Altarraumes, im so genannten „Fischfenster“ der Marienkapelle, als farblose Glasmalerei hinter den Emporen im Hauptraum sowie als Wandmalerei von Gottfried Böhms zweitgeborenen Sohn Markus (geb. 1953) in der Krypta unter der Marienkapelle und an der Außenwand im Eingangsbereich. Hervorzuheben ist das monumentale „Rosenfenster“ in der Sakramentskapelle, das Gottfried Böhm nach eigener Aussage besonders am Herzen lag[29].
Einzelne Blütenblätter in changierenden Farbtönen von Orange bis Blutrot formieren sich um den zentralen Blütenkelch vor hellbraunem und hellgrauem Hintergrund. Als Andeutung auf die Ankunft Christi ergießt sich der göttliche Geist von oben auf die aufgerichtete Rose herab. Entgegen seines ursprünglichen Konzeptes,[30] das die Verwendung von sattem Grün und leuchtendem Blau vorsah, setzte Gottfried Böhm stattdessen ein reduziertes Farbspektrum zugunsten eines pointierten Mariensymbols ein. In der Glasmalerei-Werkstatt wurden aus den farbigen Oberflächen der aus mehreren Schichten bestehenden Überfanggläser differenzierte Farbübergänge herausgeätzt. So entstanden Bildflächen mit scheinbar lasierten Farbaufträgen im Duktus der Aquarellmalerei.[31]
Etwa Zeitgleich mit Arbeiten an der Marienkirche in Velbert-Neviges entwickelte Gottfried Böhm in der Nähe seines Kölner Büros ein weiteres Gesamtkunstwerk aus Beton und Glasmalerei. (Abb. 6)
Die katholische Kirche Christi Auferstehung am Ende des Lichtenthaler Kanals sticht nicht nur aus der Architekturlandschaft dieses Kölner Vorortes und aus den vereinheitlichten Bauformen der 1960er und 1970er Jahre heraus. Auch die Fenster sind herausragende Beispiele glaskünstlerischen Schaffens und darüber hinaus einzigartig im Œeuvre von Gottfried Böhm.[32]
Obwohl die Mitte der 1930er Jahre in traditionellem Formenverständnis errichtete Vorgängerkirche bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde, konnte dort noch 20 Jahre lang Gottesdienst gefeiert werden. Wie in vielen Kirchengemeinden Deutschlands, sorgte auch hier die Gemeinschaft für eine rasche Instandsetzung. Jedoch musste diese Kirche aufgrund statischer Probleme 1967 abgerissen werden und Gottfried Böhm, zu dieser Zeit Lehrstuhlinhaber für Stadtbereichsplanung und Werklehre an der RWTH in Aachen (1963-1985), erhielt den Auftrag zur Planung eines Neubaus. Er entwickelte einen unregelmäßig polygonalen Grundriss in Anlehnung an die Kreuzform mit polyvalentem Baukörper, der die skulpturale Form der vielfach gebrochenen Außenwände mit Winkeln, Nischen und Erkern ins Innere transponiert.
Über acht Stufen gelangt man hinein. Rote, der Raumakustik dienende horizontal verlegte Lochziegelwände, quadratische, rote Bodenfliesen aus Ton, grauer Beton, der die deutlichen Herstellungsspuren der Verschalungsbretter erkennen lässt, und die Fenstergestaltung entwickeln eine ausdrucksstarke Atmosphäre. Die gestaffelte Raumentwicklung zum Altar, den vor- und zurückspringenden Wänden mit ihren abgeschrägten Kanten ermöglicht unerwartete Ansichten. Die ungewöhnlich positionierten, zum Teil erst auf den zweiten Blick wahrzunehmenden Glasflächen erwecken diese begehbare Raumskulptur zum Leben.
In die Bauplanung war unter anderem Wilhelm Jungherz (1944-2017) als Angestellter des Architekturbüros Böhm involviert. Zudem zeichnet er sich als Autor der weiteren künstlerischen Ausstattung dieser Kirche wie z.B. des Zelebrationsaltars sowie des Ambos aus. Zugleich war er als Glaskünstler für kommunale Auftraggeber tätig. Für das Viktoriabad in Bonn konzipierte er ein 8 x 30m großes Kunstharzfenster, das 1971 eingesetzt wurde. Die in ein Stahlrahmenskelett integrierten 296 Einzelscheiben imaginieren eine abstrakte Landschaft mit Wellenformationen, Pflanzenranken und roter Sonne in farbig-eruptiver Lebhaftigkeit.[33] Wie bei Tafelmalerei wurden die Farben mit einem Pinsel aufgetragen, der den Zeichenduktus erkennen lässt. Trotz drohenden Abrisses des Volksbades wurde dieses Monumentalwerk dank der engagierten Bevölkerung Ende 2013 unter Denkmalschutz gestellt.
Auch von Heinz Bienefeld (1926-1995)[34], einem weiteren Angestellten Gottfried Böhms, sind einige Fensterentwürfe für Sakral- und Profanbauten im Rheinland umgesetzt worden. Inwieweit diese beiden Mitarbeiter auch an den Glasmalereientwürfen ihres Arbeitgebers beteiligt waren, ist heute nicht mehr bei allen Objekten verifizierbar. Archivalien belegen jedoch, dass die Entwürfe für den aus 17 Fenstern verschiedener Formate bestehenden Zyklus in Christi Auferstehung auf dem Ideengut Gottfried Böhms basieren. Die der Werkstatt zur Ausführung dienenden Werkkartons[35] im Originalmaßstab der Fenster fertigte Gottfried Böhm mit Kohle selbst an.[36]
Die größten Fenster zu den Themen „Schöpfung“, „Erlösung“ und „Auferstehung“ sowie das Marienfenster treten in verschiedenen Raumhöhen als leuchtende Gemälde in Weiß, Schwarz und Rot aus den Wandflächen optisch heraus. Aus der Distanz ist nur ihre graphische Gestaltung mit betonter Aufwärtsrichtung erkennbar. Einzelne schmale schwarze Striche formieren sich zu Streifen in variierenden Breiten, die mitunter abrupt im Bildraum enden. Die Serialität dieser Grundstruktur wird durch vertikale rote Bänder, die an Feuerzungen, Trichter oder Kelche erinnern, konterkariert. Konnotationen zu Blutströmen, die Jesus Christus für seine Gemeinde vergossen hat, sind evident.
Wie Gottfried Böhm mir bei unserer Begegnung sagte, waren die 1960er und 1970er Jahre für ihn „die Zeit, mit der Technik zu spielen.“ So wird erst bei näherer Betrachtung deutlich, dass die feinen schwarzen Linien nicht wie zu erwarten aus Bleistegen bestehen, wie sie bei traditionellen Verglasungen eingesetzt werden. Es sind vielmehr sorgfältig parallel gesetzte Nägel und Eisenstifte verschiedener Größen, die in der Glasmalerei-Werkstatt in Zusammenarbeit mit Gottfried Böhm mit großem handwerklichem Geschick zwischen zwei Acrylglasplatten blasenfrei eingegossen wurden.[37] Sie zeigen eine Affinität zu den seit Mitte der 1950er Jahre von Günther Ücker (geb. 1930) entworfenen Nagelbildern, die ihre Dynamik durch Licht- und Schattenwirkung der bewusst ausgerichteten Metallstifte erhalten.
An manchen Stellen imaginieren Gottfried Böhms „Nagel-Fenster“ die geordnete Struktur von Barcodes, wie wir sie heute von Konsumgüteretiketten kennen. An anderen Stellen wirken sie wie ein Konglomerat aus zufällig hingeworfenen oder achtlos fallengelassenen Nägeln. Sie demonstrieren das Baumaterial, das bereits Jesus weltlicher Vater als Zimmermann verwendete und legen als Arma Christi einen Bezug zur Kreuzigung nahe. Der Künstler selbst überlässt die Interpretation seiner Arbeit jedoch der Imagination des Betrachters.
In der von Alexander Beleschenko (geb. 1951) kurz vor der Jahrtausendwende konzipierten Glasfassade der Herz Jesu-Kirche in München-Neuhausen[38] erscheinen ebenfalls verschiedene Nagelkonstellationen. Sie enthalten mittels eines Computerprogrammes generierte Auszüge aus der Passionsgeschichte in codierter Schrift, die nur auf kognitiver Ebene zu entschlüsseln sind.
In dem Fenster links des Eingangsbereichs sind zudem eine 10-Pfennig-Münze, eine Biene und zwei kleine Ahornblätter eingegossen. Die Münze lässt sich als Symbol der Finanzwelt, des Reichtums und der Macht deuten. Die Biene ist mit dem Gedanken von Tod und Auferstehung verbunden, da sie im Winter im Verborgenen bleibt und im Frühjahr wieder in Erscheinung tritt. Auch ist sie ein traditionelles Symbol der Jungfräulichkeit, da sie ihre Brut nicht zeugt, sondern von den Blüten sammelt. Das integrierte Ahornblatt steht für die Stärke und den Schutz des Glaubens, der Kirche und der Gemeinschaft. Zudem erhält auch dieses objet trouvé eine persönliche Note, da diese Blätter Gottfried Böhm seit seiner Kindheit fasziniert haben, wie er mir selbst erzählte.
In dem Seitenwandfenster rechts vom Eingang sind rote Lettern der Sütterlinschrift in freier Anordnung deutlich sichtbar aufgetragen. Der Name „Maria“ bezieht sich auf ihren Auftrag als Muttergottes, den Erlöser der Menschheit zu gebären. Der Schriftzug „Johannes XXIII.“[39] steht unmittelbar daneben. Er war der Initiator des Zweiten Vatikanischen Konzils und damit der Auslöser der umfassendsten Liturgiereform in der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums. Einen Bezug zum Zeitgeschehen stellt der Name „Martin Luther King“ her, der 1968, und damit im Jahr der Grundsteinlegung dieser Kirche, ermordet wurde.
Die Synthese von Wort und Bild ist seit den so genannten „Prophetenfenstern“ des Augsburger Domes aus dem beginnenden 12. Jahrhundert ein beliebter Topos sakraler Glasmalerei, der auch in der zweiten Hälfe des 20. Jahrhunderts aufgegriffen wurde. Insbesondere Johannes Schreiter (geb. 1930), einer der renommiertesten Glaskünstler unserer Zeit, hat zahlreiche seiner über 1.000 Fensterentwürfe mit Schriftfolgen versehen und damit deutliche Zeitkritik geübt.
In einer Publikation zu Kirchenfenstern im Rheinland wird der Zyklus der Kölner Kirche „Christi Auferstehung“ als „originell“[40] bezeichnet. Aus meiner Sicht ist er ein wichtiges Zeitdokument und aufgrund seiner Ikonographie sowie seiner innovativen Ausführung ein Leuchtturm sakraler Glasmalerei.
Die Entsakralisierungsbewegung war zu Beginn der 1970er Jahre ein Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels, der sich einerseits in rückläufigen Gottesdienstbesucherzahlen ausdrückte und andererseits das Bedürfnis nach Sozialräumen weckte. Gottfried Böhm reagierte darauf mit der Konzeptionierung von multifunktionalen Kirchengemeindezentren.[41] Als auch Sakralaufträge stetig zurückgingen, wandte er sich der Entwicklung von Profanbauten zu. Die Kölner WDR-Arkaden (1992-94), die er gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth und dem zweitjüngsten Sohn Peter (geb. 1954) plante, sind ebenso zu nennen wie das Verwaltungsgebäude der Züblinwerke am Rande von Stuttgart (1981-1985). Gottfried Böhm plante zudem Kulturräume wie das Wallraf-Richartz-Museum und das Museum Ludwig in Köln (1976), das Hans-Otto-Theater in Potsdam (1995-2006) sowie Siedlungen unter anderem in Köln-Zündorf (1972-1986).
Als im Zuge der Weltwirtschaftskrise in den 1970er Jahren zudem aufwendige, komplizierte Schalungen für Betongebilde zu kostspielig wurden, ersetzte Gottfried Böhm den massiven Sichtbeton durch filigraneren Stahlbetonbau oder reinen Stahlgerüstbau[42] und schuf so entmaterialisierte Räume aus Eisen und großen Industrieglasflächen.[43] Damit traten flexible Moduleinheiten in Leichtbauweise mit rektangulären bzw. regelmäßig polygonalen Strukturen in sein architektonisches Œuvre und bilden eine eigene Werkphase. Farbintensive Fensterrahmen und Dachformationen sowie variantenreiche Fassadenelemente heben sich nun von der Tristesse des Städtebildes ab und schaffen so kontrastreiche Antipoden.
Betonbauten verursachen mitunter Instanthaltungsprobleme mit ästhetisch unschönen Auswirkungen. Schäden der Stahlbetonkonstruktion wie Abplatzungen oder korrodierte Bewehrungsstäbe erfordern zum Teil komplexe und daher kostspielige Sanierungsmaßnahmen, in die ebenfalls Gottfried Böhm involviert ist, wie zuletzt im Mariendom in Velbert-Neviges. Auch Kunststoffscheiben sind häufig aufgrund ihrer mangelnden Witterungsbeständigkeit und geringen Thermoelastizität, ihrem sukzessiven Vergilben bzw. Verblassen der aufgetragenen Farbschichten ein Problem der Denkmalpflege.
Dieses gilt aber auch für die Verwendung des Baumaterials Stahl, der im Laufe der Jahre Rost ansetzen kann. Damit ist nicht nur die bautechnische Statik gefährdet, sondern widerspricht auch künstlerischen Ansprüchen. Die dem Heiligen Herzen Jesu und dem unbefleckt empfangenen Herzen Mariens geweihte Sühnekirche „Maria vom Sieg“ in Opfenbach-Wigratzbad steht hierfür exemplarisch. Für diese Gebetsstätte entwickelte Gottfried Böhm zwischen 1972 und 1976 ein Gesamtkonzept inklusive liturgischer Ausstattung. Es ist zugleich das letzte Sakralobjekt, für das er Vorlagen für eine künstlerische Komplettverglasung anfertigte. (Abb. 7)
Integriert in die Landschaft des Allgäus besteht die Anlage aus demontierbaren Einheiten aus rot lackierten Stahlrohrstützen und grünen Faltblechen auf leichten, redundanten Gitterträgern im wabenförmigen Sechsecksystem, wodurch der Eindruck eines temporären Baukomplexes als Verweis auf die Pilgerschaft der Wallfahrer entsteht.
Über dem Altar des Hauptraumes für bis zu 1.200 Besucher erhebt sich ein hoher Spitzturm, um den sich in 12 niedrigeren hexagonalen Zelten die Gemeinde versammelt. Zuwanderungen von Flüchtlingen des Zweiten Weltkrieges sowie geografische Fluktuationen aufgrund gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Veränderungen demonstrieren das moderne wandelnde Gottesvolk, dessen Symbolik Gottfried Böhm auf die Architektur übertrug. Von oben betrachtet formieren sich die rot bekrönten Gebäudeteile zu einem Herzen als Zeichen für die an diesem Ort gepflegte Verehrung. Auch weitere Bauteile sind spirituell unterlegt. So befindet sich die Treppenanlage als Hinweis auf die geöffnete Seitenwunde Christi neben dem Eingang.[44]
Jedoch konnten Architekt und Auftraggeber zum Zeitpunkt der Kirchenfertigstellung bezüglich künstlerischer Glaswandgestaltung keine Einigung finden. Gottfried Böhm wünschte eine abstrakte Verglasung, während der damals verantwortliche Pater Johannes Schmied Heiligendarstellungen präferierte. Daher wurde schließlich ein Glasmaler der Mayer´schen Hofkunstanstalt aus München beauftragt, farbige Glasgemälde mit Heiligenbüsten anzufertigen, die in eine ornamental gestaltete, farbfreie Wandverglasung aus Industriegläsern verschiedener Strukturen und Dichte integriert wurden. Die moderne, schlichte Architektur und die traditionellen Heiligenbilder fanden jedoch keinen Harmoniebezug. Auch stand die Kleinteiligkeit der Glasgemälde in einem diametralen Verhältnis zu den monumentalen Glasflächen. Darüber hinaus war die ursprüngliche Bespannung der großen Scheiben hinter den Altären, die den Anschein eines anonymen, geschlossenen Geschäftsgebäudes vermittelte, unbefriedigend.
Aufgrund erheblicher Baumängel wie Undichtigkeiten in Dach und Fassade, Farbverlust der aus Plexiglas bestehenden Lichtkuppeln, Korrosion des Tragwerkes und blind gewordene Glasscheiben war eine Generalsanierung erforderlich. Nach 16monatiger Bauzeit konnte sie Mitte 2014 mit einem einheitlichen Gestaltungskonzept samt liturgischer Ausstattung des in Oberbayern ansässigen Künstlers Erwin (Franz) Wiegerling (geb. 1943) abgeschlossen werden.[45]
Ersetzt wurden zeitgleich auch die Fenster durch Entwürfe von Heike Deus-Böhm und Paul Böhm (geb. 1959). In Anlehnung an das vom Gottfried Böhm ursprünglich vorgesehene Konzept zieht sich nun ein Kranz aus Blüten gleichsam eines Rosenkranzes um die Kirche. Jeweils drei hintereinander gestaffelte, unterschiedlich digital bedruckte Scheiben[46] rufen kinetische Effekte hervor. Einige der ursprünglichen Figurenfenster wurden in beleuchtete Stelen montiert, die sich nun als autonome Objekte gut sichtbar auf dem Gelände der Gebetsstätte befinden.
Während sich Gottfried Böhms Betonkirchen auf den Innenraum konzentrieren und somit einen eigenen Kosmos durch Abschottung nach außen kreieren, treten in seinen leicht wirkenden Stahlgerüstkonstruktionen der urbane Raum und das Interieur in Interaktion, wie unter anderem das Rheinberger Stadthaus demonstriert. Das Fenster im Trauzimmer aus dem Jahre 1981 steht hierfür exemplarisch. Nach meiner Recherche ist es der letzte Glasmalerei-Auftrag Gottfried Böhms überhaupt. Es zeichnet sich durch seine ausdrucksstarke, zeitgemäße Gestaltung mittels modernen Glasschliffes aus. Diese Technik dokumentiert einmal mehr die Aufgeschlossenheit des Künstlers für neue Glas-Bearbeitungsmöglichkeiten.
Auf der Außenseite der Doppelverglasung erscheint im Zentrum der Milchglasfläche eine kleinteilige, kreisrunde Rosenblüte. Im unteren Drittel ist eine aufgerichtete Schlange zu erkennen, wie sie Gottfried Böhm bereits für das Fenster im Abgang zur Unterkirche des Mariendomes in Velbert-Neviges konzipierte. In der christlichen Ikonographie ist dieses Tier Sinnbild der Versuchung und des Bösen, während die Rose die Liebe und das Gute zum Ausdruck bringt. In diesem Zusammenschluss wird der Sieg des Guten über das Böse gefeiert.
Mit weiterem Auftragsrückgang für künstlerisch gestaltete Sakral- und Profanraumfenster verlegte Gottfried Böhm bildkünstlerische Gestaltungen auf die Ausschmückung von Decken, Wänden und Fußböden mit flächigem Farbauftrag im Sinne monumentaler Farbfeldmalerei[47] oder tiefenräumlicher Illusionsmalerei. Diese ist unter anderem im Festsaal des Saarbrücker Schlosses (1981-1989) zu sehen. Die Wände des Theatersaals des Bürgerhauses „Bergischer Löwe“ in Bergisch Gladbach (1974-89)[48] erhielten 1977 Fliesen mit vegetabilen grünen Flächen und auch die vollständige Ausmalung des Theatersaales im Kulturzentrum Bocholt ist zu nennen[49]. Die große Halle des Stuttgarter Züblin-Verwaltungsgebäudes bekam ein Fußbodenmosaik mit abstrakter Darstellung einer alten und einer neuen Stadt, die von dem erwähnten Motiv der Schlange umfangen ist. Im Hans-Otto-Theater in Potsdam erscheint das monumentale Rosenmotiv als Wandmalerei.[50]
Gottfried Böhm hat maßgebliche Beiträge zur Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts geleistet, die seine Söhne mit ihren eigenen individuellen Entwürfen fortführen. Das gemeinsame Merkmal ihrer Bauten ist die fließende Grenze zwischen Architektur und bildender Kunst, wodurch Raumkompendien mit individuellen Charakteren entstehen.
Gottfried Böhms puristische Kirchen sind an Konturen des Expressionismus, Minimalismus sowie des Informel orientiert und muten von außen mitunter wie distanzierte Kommunal- oder Fabrikgebäude an. Während seine strengen Sakralbauten im Sinne der Art Brut von außen nüchtern erscheinen, drücken sich demgegenüber seine individuellen Fenstergestaltungen in einem opulenten Formenreichtum aus, der den kahlen Wänden Lebendigkeit verleiht. Die Präsenz der Glasgemälde wird durch die am häufigsten verwendeten Farben Rot, Grün, Blau und Weiß bestimmt.
Die in Größe, Form und Anzahl variierenden Wandöffnungen dosieren das einfallende Licht. Durch geschickte Führung verteilt es sich im Raum zu oszillierenden Effekten. Somit ist das Licht Träger der von Gottfried Böhm geschaffenen Raumkompendien, die zeitgemäße spirituelle Erlebnisse möglich machen. Obwohl ihm laut eigener Aussage nach den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges nicht nach sakraler Stimmung zumute war und sie sogar ablehnte,[51] durchdachte er symbolträchtige Raumformen und unterlegte die künstlerisch gestalteten Wandaussparungen mit Topoi christlicher Ikonographie. Damit sind die Fensterbilder ein wesentlicher Aspekt der Bauten Gottfried Böhms, obgleich Glasmalerei nicht von vornherein Bestandteil seiner Planungen war.[52]
Wie bereits sein Vater, hat sich auch Gottfried Böhm dem Genre der Glasmalerei mit Unterstützung renommierter Glasmalerei-Werkstätten und unter Beobachtung zeitgenössischer Kunstströmungen autodidaktisch genähert. Seine Zyklen, sowohl kleinteilig komponiert als auch aus großzügigen Flächen zusammengesetzt, sind gleichermaßen erzählend wie assoziativ erfahrbar. Manche Glasbilder sind transluzent angelegt und schaffen damit eine Kommunikationsebene zwischen dem Innenraum und dem Außen. Andere sind wiederum opak und kreieren dadurch ein Universum für diejenigen, die einen Ort der Introspektion und Meditation suchen. In kreativer Weise nutzte Gottfried Böhm die traditionelle Technik der Bleiverglasung, indem er Flachgläser sowohl aus Antik- und Industrieglas als auch gegossene Prismengläser oder behauene Dickgläser einsetzen ließ. Seine Aufgeschlossenheit gegenüber aktuellen Kunsteinflüssen und Techniken zeigt sich in der Verwendung von Gussharz sowie dem modernen Glasschliff. Und auch die in den 1960er Jahren allgemein beliebte Technik der Beton-Verglasung ist ein Bestandteil seines glaskünstlerischen Œuvre.
Die Fensterentwürfe des Frühwerkes orientierten sich zunächst am Expressionismus und deuten auf eine subtile Beeinflussung durch seinen Vater und den eingangs erwähnten Johan Thorn Prikker. Seit den 1960er Jahren entwickelte Gottfried Böhm bis Anfang der 1980er Jahre eigenständige, individuelle Fensterprogramme, die die Spielarten zeitgenössischer Kunst wiederspiegeln. Gegenständlich ablesbare Gestalten und zur Ungegenständlichkeit aufgelöste Abbreviaturen verknüpfen sich zu Monumentalgemälden, die Elemente des Konstruktivismus und der informellen Kunst ebenso erkennen lassen wie Pop Art rekurrierende Signa oder Konzepte der Optical Art, die durch Überlagerungen optische Täuschungen schaffen.
Die Rose ist in verschiedenen Techniken, Formsprachen und Farbgebungen seit Mitte der 1950er Jahre das favorisierte Sujet im glaskünstlerischen Werk Gottfried Böhms. Neben den hier vorgestellten Kirchen ist es zudem in der Oberhausener Klosterkirche „Zu Unserer Lieben Frau“[53] (1956/57) in repetierender Form mit reduziertem Farbspektrum in Szene gesetzt. Auch die von ihm wenige Jahre später geplante ausdrucksstarke Betonkirche St. Gertrud im Kölner Norden verweist auf dieses Motiv. In der Technik der Malerei mit Grautönen, der so genannten Grisaillemalerei, wurden hier mehrere Rosenblüten aus Dickgläsern zwischen Betonfugen zu einer ornamentalen Gestaltung zusammengefügt.
Nicht nur dieser Fensterzyklus beeindruckt mit einer ausdrucksstarken Darbietung. Auch die Buntglasfenster von St. Adelheid im westfälischen Troisdorf-Müllekoven bestimmen die Aura des schlichten Backsteinbaus. Die Taufkapellenfenster zeigen Wasserrosen in Gelb und Weiß mit wellenförmigem blauem Hintergrund. Das Fenster über dem Eingang und die beiden seitlich des Glockenturmes werden durch Rosen in leuchtendem Rot vor hellem Grund bestimmt. Präzise, durch dunkle Bleiruten definierte Blütenblätter sind puzzleartig in die Fläche eingebunden. (Abb. 8)
Die Rose als Zeichen der Muttergottes, die eine hingebungsvolle Liebe zu ihrem Sohn versinnbildlicht, ist Gottfried Böhm persönlich wichtig, sowohl als Christ als auch in Bezug auf seine eigene Mutter, die ebenfalls Maria hieß. So erscheinen Rosen in seinen Entwürfen nicht nur als Solitärmotive sondern auch im Zusammenschluss mit mehreren Blüten zu einem Bouquet. Sie treten zumeist in Rot als Hinweis auf die Kraft der Liebe auf. In der christlichen Ikonographie wird diese Farbe auch als das Blut Christi, das er für die Menschen vergossen hat, gedeutet und verweist somit auf seinen Leidensweg, womit Liebe, Leid und Auferstehung gleichermaßen angesprochen sind. Aber nicht nur Gottfried Böhms Söhne übernahmen, wie hier gezeigt, dieses Motiv. Auch der Glaskünstler Robert Rexhausen (1928-83), mit dem Gottfried Böhm befreundet war,[54] wurde inspiriert und setzte die Rosenblüte mehrfach pointiert in seine grafisch dominierten Entwürfe für Kirchen des Rheinlandes ein[55].
Gottfried Böhm experimentierte mit den Materialien Beton, Stahl, Naturstein sowie verschiedenen Glasarten, aus denen er in stimmiger Synthese Gesamtkunstwerke mit geistig-spiritueller Aura entwickelte und so Ikonen des 20. Jahrhunderts schuf. Für 22 ausschließlich katholische Kirchen sowie einen kommunalen Auftraggeber in Nordrhein-Westfalen, für eine Kirche in Hessen und eine Gebetsstätte im Allgäu zeichnet er sich als Architekt, Bildhauer und Glaskünstler in Personalunion aus. Hier hat er Licht moduliert und damit prägnante Raumszenarien konstituiert.
Ich bedanke mich für Ihr Interesse an Gottfried Böhms Inszenierung von Raum und Ort durch Glas und Gestaltung. Ich hoffe, dass auch diesen schöpferischen Leistungen zukünftig mehr Beachtung geschenkt wird und Sie nun Lust auf zahlreiche weitere eigene Raumerfahrungen bekommen haben.
Literatur:
Darius, Veronika: Der Architekt Gottfried Böhm. Bauten der sechziger Jahre. Düsseldorf 1988.
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Gebetstätte Wigratzbad (Hrsg.): Wiedereröffnung der Sühnekirche Herz Jesu und Mariä in Wigratzbad 12 Juli 2014. Bad Waldsee 2014.
Gerhards, Albert (Hrsg.): St. Ursula in Hürth-Kalscheuren. Pfarrkirche – Profanierung – Umnutzung. Fakten und Fragen. Münster 2009.
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Lieb, Stefanie (Texte)/ Junker, Hartmut (Fotos): Sakralbeuten der Architektenfamilie Böhm. Regensburg 2019.
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Pehnt, Wolfgang: Gottfried Böhm. Zweisprachige Ausgabe deutsch – englisch. Basel 1999.
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Rode, Herbert/ Schlungbaum, Regine: St. Johannes der Täufer. Katholische Kirche an der Uniklinik Köln. Köln 2008.
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Wiesemann, Gabriele: „Gottfried Böhm“, In: Colonia Romanica. Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V. Bd. 27. Köln 2012, S. 55-66.
Wolff-Wintrich, Brigitte: „Gottfried Böhm – Das Gesamtkonzept Christi Auferstehung in Köln-Lindenthal 1968 – 71“, In: Iris Nestler: Meisterwerke der Glasmalerei des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Bd. III. Mönchengladbach 2017, S. 180ff.
[1] Vortrag im Rahmen des 100. Geburtstags von Gottfried Böhm für das Katholische Bildungswerk Köln im Museum für Angewandte Kunst Köln MAKK am 20.01.2020 (an die Druckversion angepasste Ausgabe).
[2] Gespräch der Verfasserin mit Gottfried Böhm am 30. Juli 2019 in Köln-Marienburg.
[3] Felsen aus Beton und Glas. Die Architektur Gottfried Böhms. Ausst.-Kat. Deutsches Architektur-Museum Frankfurt am Main. Hg. von Wolfgang Voigt. Berlin 2006, S. 14.
[4] Hans Vollmer: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Erster Band A-D. Leipzig 1953, S. 247.
[5] K.C. Sauer: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Bd. 12. München, Leipzig, 1996, S.
[6] Wie Anm. 1.
[7] 2015 wurde Frei Otto diese Ehre posthum zuteil.
[8] Pfarrgemeinde Heilig Kreuz (Hrsg.): Im Kreuz ist Heil. 50 Jahre Heilig Kreuz Dülmen 1938-1988. Festschrift zum fünfzigjährigen Pfarrjubiläum am 16. November 1988. Dülmen 1988; Kath. Kirchengemeinde Heilig Kreuz Dülmen (Hrsg.): Die Heilig Kreuz Kirche in Dülmen. »Der Raum, der Freiheit atmet…«. Dülmen 2008.
[9] Dominikus Böhm war Nachfolger von Johan Thorn Prikker an der Werkkunstschule Köln.
[10] Antikglas bezeichnet nicht das Alter der Scheiben, sondern bezieht sich auf den traditionellen Herstellungsprozess der handgefertigten und mundgeblasenen Glastafeln im so genannten Zylinder-Blasverfahren. Im Unterschied zum Echt-Antikglas ist das Antikglas größer ausgeblasen, es wird dadurch dünner und enthält weniger ausgeprägte unregelmäßige Strukturen, Schlieren und Lufteinschlüsse. Vgl. Glossar in: Ulrike Hoffmann-Goswin: Sakrale Glasmalerei der 1960er bis 1980er Jahre in Deutschland. Bildthemen, Gestaltung und Funktion. Regensburg 2019, S. 327-331.
[11] Vgl. Johan Thorn Prikker. Mit allen Regeln der Kunst. Vom Jugendstil zur Abstraktion. Ausst.-Kat. Museum Kunst Palast Düsseldorf. Hg. von Christiane Heiser, Mienke-Simon Thomas und Barbara Till. Rotterdam 2010.
[12] Vgl. Albert Gerhards: Wo Gott und Welt sich begegnen. Kirchenräume verstehen. Kevelaer 2011; Wolfgang Jean Stock (Hrsg.): Europäischer Kirchenbau 1950-2000. European Church Architecture. Zweisprachige Ausgabe (deutsch-englisch). München u.a. 2003; Wolfgang Jean Stock, Walter Zahner: Der sakrale Raum der Moderne. Meisterwerke des europäischen Kirchenbaus im 20. Jahrhundert. München 2010.
[13] Die Gewebedecken sind eine Weiterentwicklung von Trabitzschalen, hängend konstruierte Betondecken mit textiler Wirkung.
[14] Die Altarrückwand wird durch ein Relief mit der figürlich ablesbaren Darstellung Jesu als Lebensbaum bestimmt, die von Schülern der Kölner Kunstgewerbeschulen stammt.
[15] Stefanie Lieb (Text), Hartmut Junker (Fotos): Sakralbauten der Architektenfamilie Böhm. Regensburg 2019, S. 459.
[16] Vgl. Herz Jesu in Schildgen. Hier sind in die geometrisierte Struktur der Bleiruten monumentale Dornenkronen aus grünen Antikglasscheiben integriert. Kleine, vorgesetzte quadratische Metallreliefs machen die Glaswände zu einem plastischen Gestaltungsmoment. Vgl. Lieb, Junker 2019, S. 280-283.
[17] Albert Gerhards (Hrsg.): St. Ursula in Hürth-Kalscheuren. Pfarrkirche – Profanierung – Umnutzung. Fakten und Fragen. Münster 2009.
[18] Herbert Rode, Regine Schlungbaum: St. Johannes der Täufer. Katholische Kirche an der Uniklinik Köln. Köln 2008.
[19] Vgl. Gabriele Wiesemann: „Gottfried Böhm“, In: Colonia Romanica. Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V. Bd. 27. Köln 2012, S. 57.
[20] Vgl. Josef Schmitz: St. Konrad Neuss-Gnadental 1938-1988. Chronik einer Pfarrgemeinde. Neuss 1988. Kath. Pfarrgemeinde St. Konrad Gnadental (Hrsg.): 75 Jahre St. Konrad. Gemeinde im Wandel 1938 – 2013. Neuss 2013.
[21] Manfred Lurker: „Weiß“ in: Wörterbuch der Symbolik. Stuttgart 1991, S. 824.
[22] Ebd., „Rot“, S. 634.
[23] Pfarrgemeinde St. Stephan Brühl (Hrsg.): St. Stephan 1952-2002. Eine Kirche. Eine Gemeinde. Ein Viertel. Dokumentation zum 50jährigen Pfarrjubiläum. Brühl 2002.
[24] Lurker 1991: „Weiß“, S. 824 ebd., „Grün“, S. 267f.
[25] Liane Wilhelmus: Georg Meistermann. Das glaskünstlerische Werk. Diss. Petersberg 2014.
[26] Vgl. Veronika Darius: Der Architekt Gottfried Böhm. Bauten der sechziger Jahre. Düsseldorf. 1988.
[27] Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bruno Taut 1880-1938. Architekt zwischen Tradition und Avantgarde. Stuttgart 2001.
[28] Die gläserne Kette. Visionäre Architekturen aus dem Kreis von Bruno Taut 1919–1920. Ausst.-Kat. Schloß Morsbroich Leverkusen. Bergisch Gladbach 1963; Ralph Musielski: Baugespräche. Architekturvisionen von Paul Scheerbart, Bruno Taut und der „Gläsernen Kette“. Diss. Berlin 2003.
[29] Wie Anm. 1.
[30] Vgl. Entwurfszeichnung Böhms in: Frankfurt am Main 2006, S. 218.
[31] Zeitgleich mit der Wallfahrtskirche in Velbert-Neviges wurde im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück die St. Johannes Baptist-Kirche inklusive liturgischer Ausstattung und Fenstergestaltung in einem ähnlichen Duktus nach Plänen von Gottfried Böhm errichtet. Vgl. Lieb, Junker 2019, S. 373ff.
[32] Vgl. Brigitte Wolff-Wintrich: „Gottfried Böhm – Das Gesamtkonzept Christi Auferstehung in Köln-Lindenthal 1968-71“, In: Iris Nestler: Meisterwerke der Glasmalerei des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Bd. III. Mönchengladbach 2017, S. 180ff.
[33] Stefanie Pasternok: Viktoriabad. Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn. Bd. 5. Bonn 2015.
[34] Vgl. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e.V.; Heinz Bienefeld 1926-1995. Ausst.-Kat. Deutsches Architektur-Museum Frankfurt am Main. Hg. von Wolfgang Voigt. Passau 1999.
[35] Die der Glasmalerei-Werkstatt zur Ausführung dienende Kohle- oder Farbzeichnung auf festem Papier in Originalgröße des Fensters nach dem Entwurf oder der Skizze des Künstlers mit allen Einzelheiten der Bleiruten(verläufe), differenziert ausgewählten Farbvorgaben jedes einzelnen Glasstückes sowie besonderen Behandlungsweisen. Er dient während des Verarbeitungsprozesses zum Glasbild den Mitarbeitern der Glasmalerei-Werkstatt zur Orientierung. Auszug aus Glossar in: Hoffmann-Goswin 2019, S. 330.
[36] Wie Anm. 1.
[37] 1969 von der Kölner Glasmalerei-Werkstatt Botz und Miesen in drei Arbeitsschritten ausgeführt.
[38] Andrew Moor: Architektur – Glas – Farbe. Zeitgenössische Beispiele. München 2006; Monika Römisch: Kath. Pfarrkirche Herz Jesu München-Neuhausen. Lindenberg 2005; Stock 2003, S. 204f.
[39] Georg Schwaiger: Papsttum und Päpste im 20. Jahrhundert. Von Leo XIII zu Johannes Paul II. München 1999, S.310-343.
[40] Peter Bergthaller: Glasmalerei in Kölner Kirchen. Künstler und Werke 1945 – 2012. Mönchengladbach 2013, S. 69.
[41] Vgl. Gemeindezentrum Auf der Höhe und Filialkirche St. Matthias in Essen-Kettwig (1973–1983).
[42] Vgl. Frankfurt am Main 2006. Mit dem Titel ist nicht die künstlerische Verwendung von Glas gemeint, sondern der „gläserne Kern“ der Gebäude, der „wie ein durchsichtiger Kristall“ erscheint.
[43] Vgl. Heilig Geist in Erkrath-Hochdahl (1969-72). Abb. in: Lieb, Junker 2019, S. 383ff.
[44] Hugo Schnell erkennt in den fünf vorgelagerten Pavillons der Vorhalle das Motiv privater Gartenhäuser. Hugo Schnell: „Gottfried Böhms neue Kirche in Wigratzbad im Allgäu. Ein Zeichen im gegenwärtigen Kirchenbau.“, In: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft. 1/ 1977. München 1977, S. 1-9.
[45] Zur ausführlichen Bausanierung: Gebetstätte Wigratzbad (Hrsg.): Wiedereröffnung der Sühnekirche Herz Jesu und Mariä in Wigratzbad 12 Juli 2014. Bad Waldsee 2014.
[46] Der niedersächsische Glashersteller von Funktionsgläsern Interpane verband auf drei Ebenen Einscheibensicherheitsglas und teilvorgespanntes Glas, das jeweils mit einer Rose, dem Ausschnitt einer Rose und einem Streifenmuster im Digitaldruckverfahren aufgebracht wurden.
[47] Z.B. für St. Matthäus in Düsseldorf-Garath. Vgl. Lieb, Junker 2019, S. 392-399.
[48] Darius 1988, S. 34-43.
[49] Vgl. Wolfgang Pehnt: Gottfried Böhm. Zweisprachige Ausgabe deutsch – englisch. Basel 1999.
[50] Vgl. Wiesemann 2012, S 65.
[51] Departement Architektur der ETH Zürich (Hrsg.): Mario Botta, Gottfried Böhm – Peter Böhm, Rafael Moneo. Sakralität und Aura in der Architektur. Architekturvorträge der ETH Zürich. Heft 8. Zürich 2010, S. 54.
[52] Wie Anm. 1.
[53] Abb. in: Lieb, Junker 2019, S. 207ff.
[54] Wie Anm. 1.
[55] U.a. in der von Gottfried Böhm 1959-61 geplanten Josefkirche in Kierspe. Abb. in: Lieb, Junker 2019, S. 297.